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27.06.22 –
R. Michel/Maastrich im Juni 2022. Während eines Spaziergangs mit meiner Familie in der Maastrichter Altstadt in der Provinz Limburg/Niederlande leuchtete mir ein Stolperstein entgegen. Das Leuchten ließ uns innehalten und lesen: „Hier werd gearresteerd Jo Lokerman , geb. 1901, vermoord 11.02.1945 Neuengamme.“
Die Erinnerung an Jo Lokermann ist durch den Stolperstein in den öffentlichen Raum der Altstadt Maastrichts gerückt.
Neben der Betroffenheit, wurde sofort auch meine Neugier geweckt, was war Jo Lokerman für ein Mensch, wie hat er gelebt was hat gearbeitet? Meine Recherche ergab, dass Jo Lokerman im 2. Weltkrieg Lokführer der niederländischen Verkehrsgesellschaften und Mitglied des Stadtrates in Maastricht war. Er gehörte der sozialistischen Fraktion an. In der deutschen Besatzungszeit konnte er zusammen mit anderen Widerstandskämpfern jüdische Flüchtlinge und französischsprechende Kriegsgefangene über Maastricht nach Frankreich schleusen und ihnen so die Flucht ins Ausland ermöglichen. Er griff auch zu ungewöhnlichen Mitteln, z.B. prügelte er sich mit einem anderen Maastrichter auf dem Bahnhof und lenkte so die Sicherheitspolizei von den Flüchtlingen ab.
Die Gruppe der Widerstandskämpfer wurde von der deutschen Sicherheitspolizei infiltriert. Zahlreiche Widerständler und Jo Lokermann wurden 1944 festgenommen und starben in verschiedenen Lagern, wie Neuengamme und Bergen-Belsen.
Was passierte mit der Leitung der Sicherheitspolizei? Dem Leiter der SS -Sicherheitspolizei in der Provinz Limburg und Friesland, Max Strobel, wurde nach dem Krieg in den Niederlanden der Prozess gemacht und er wurde nach Deutschland abgeschoben, dort lebte unter einem Decknamen weiter. Sein Stellvertreter Richard Nitsch, dem besondere Grausamkeiten auch an Kindern zugeschrieben wurden, wurde ebenso verurteilt und nach Deutschland abgeschoben. Er ließ sich in seiner Heimat Niedersachsen nieder und verstarb 1990 mit 89 Jahren. Der Widerstandskämpfer Jo Lokerman starb im Alter von 44 Jahren.
Das unbehelligte Weiterleben von Max Strobel und Richard Nitsch in ihren Heimatregionen in West- und Ostdeutschland ist kein Einzel-Phänomen der Nachkriegszeit gewesen, wie Studien und Beschreibungen ergaben.
Auch bei uns in Hessen wirkte z.B. Werner Catel in Marburg als Kinderarzt, Hochschullehrer und maßgeblicher Mitwirkender an der Umsetzung der Kindereuthanasie in der Zeit des Nationalsozialismus bis Ende der 70er Jahre und veröffentlichte Fachliteratur für angehende Mediziner*innen und Pflegekräfte in der Nachkriegszeit.
Wir dürfen und sollen aus der Geschichte lernen. Die Stolpersteine laden ein, Fragen zu stellen und Wissen zu generieren.
Literatur:
Schroenmakers, C. (2016). Die Rückkehr der Ehemaligen: Personelle und ideologische Kontinuitäten in der Bremer Justiz nach 1945. https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/227352/die-rueckkehr-der-ehemaligen-personelle-und-ideologische-kontinuitaeten-in-der-bremer-justiz-nach-1945/
O.A. (27.06.2022). Jo S.H. Lokerman(Thijs). http://aachen-webdesign.de/verzet/indiv.php?lang=de&ID=364
Wikipedia (27.06.2022). Jo Lokerman. nl.wikipedia.org/wiki/Jo_Lokerman.
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